Scroll Top

Interview mit Karl Fischer

interviewbhild

Anlässlich der Verabschiedung des Geschäftsführers des CE e.V., Karl Fischer, stellte Vorsitzender Pfr. Josef Fleddermann ein paar Fragen an den langjährigen Mitarbeiter der CE Deutschland:

Wie und wann bist du eigentlich zu deinem Job in der CE gekommen?

Es ist für mich kaum zu fassen, dass es 32 Jahre sind, die ich für die CE hauptberuflich arbeite. Die damalige Sprecherin der CE Deutschland, Mechthild Humpert, sah es als notwendig an, dass die Leitung der CE verstärkt Impulse und unterstützende Angebote in die CE hineingibt. Sie schlug damals dem Rat vor, einen pastoralen Mitarbeiter anzustellen, zusätzlich zu unserer Teilzeitsekretärin Renate Lorch im Sekretariat der CE in Karlsruhe. Es gab einige Diskussionen, ob es wirklich hauptberufliche Mitarbeiter in der CE braucht oder ob nicht alles weiterhin rein ehrenamtlich geleistet werden könnte. Aber die Einsicht setzte sich durch, dass Ersteres hilfreich sein könnte und man das probieren solle. Da ich offensichtlich vom Vorstand, der damals Koordinierungsgruppe hieß, als geeignet angesehen wurde, wurde ich auf Probe angestellt. Ich war da, um Schulungen zu halten, um punktuell Gruppen zu besuchen und mich um vieles organisatorisch (Deutschlandtreffen, Seminare, Kommunikation, …) zu kümmern.

Was waren für dich herausragende Ereignisse in den 32 Jahren, was deinen Dienst betrifft?

Als erstes fällt mir die Jugendarbeit ein, die wir auf nationaler Ebene 1995 mit dem ersten JUMP Jugendfestival im Maihingen begonnen haben. In dem Zusammenhang gab es auch zugleich ein KidsCE-Camp, das Confetti hieß (mein Wunsch, auch für die Kinder etwas anzubieten, war etwas eigennützig, weil mein Sohn Christian in dem Alter war und noch nicht am Jump teilnehmen konnte 😊). So startete die deutschlandweite Jugendarbeit und zugleich der Kinderdienst der CE. Das halte ich tatsächlich für das wichtigste Geschehen in meiner Laufbahn, für die es natürlich viele Geburtshelfer gab (Brigitte Schnitzler, Barbara und Georg Fischer, Carsten Müller, Uli Krapf, Christine Port, Matthias Schyra, Christof Hemberger, Björn Schwarz, …).

Wichtig wurde mir für die Arbeit das Thema Kommunikation. Ich schlug vor, ein regelmäßig erscheinendes Kommunikationsorgan zu schaffen, die CE Info, die 1993 erstmalig unter dem Namen CE Infodienst versandt wurde. Ich glaube dieses Organ hat auch zum Zusammenhalt und zur Stärkung unserer Identität beigetragen.

Dass wir regelmäßig – alle zwei Jahre – ein CE-Deutschlandtreffen machen und im Wechsel das Jump oder auch die Mitarbeiterkonferenzen, war mir ebenfalls ein Anliegen, um die Identität und Sichtbarkeit der CE innerkirchlich zu stärken. Als jemand, der seine Hinwendung zu Jesus  entscheidend auch evangelischen Christen zu verdanken hat, waren mir auch die ökumenischen Kongresse (Jesus2000, Pfingsten21) und die Zusammenarbeit mit unseren evangelischen Geschwistern z.B. beim ökumenischen Kirchentag oder im Netzwerk Lobpreis wichtig.

Ich fand auch super, dass der Vorstand zugestimmt hat, dass ich 10 % meiner Arbeitszeit für die Unterstützung der Emmausbewegung aufwenden konnte und ich so auch im Leitungsteam von Emmaus mitwirken konnte. Papst Franziskus hat ja diesen Punkt „Dienst an den Armen“ als für uns – und für die Kirche – wichtig genannt.

Was war und ist dir das Wichtigste in der CE?

Ich drücke es gerne einfach so aus: Es geht darum, Menschen zu helfen, eine persönliche Beziehung zu Jesus zu finden, was gleichbedeutend ist mit einer Taufe im Heiligen Geist und einem Leben mit Ihm. Das ist mir wichtiger als alles andere.

Sehr wichtig war und ist mir für unsere deutsche CE, dass wir ein weites Herz haben, was die konkrete – auch theologische – Prägung der Einzelnen und der Gruppen angeht. Das habe ich sehr an unserem langjährigen Vorsitzenden Diakon Helmut Hanusch geschätzt, dass er die Vielfalt in der CE von „konservativ traditionell“ bis „freikirchlich orientiert“ stehen lassen konnte, das Kostbare in den verschiedenen Prägungen wertschätzen konnte – ohne dass das gleich alle übernehmen müssen. Er stellt immer wieder das Verbindende, den gemeinsamen Auftrag in den Mittelpunkt und hielt so „den Laden zusammen“. Sein Nachfolger Josef Fleddermann ist glücklicherweise ähnlich gestrickt. Davon habe ich gelernt. Früher dachte ich immer, alle müssten so sein wie ich. 😊

Wo siehst du die Chancen, aber auch die Schwierigkeiten der Charismatischen Erneuerung heute?

Unsere Kirche müht sich an vielen Stellen, aus dieser Erstarrung, der Veräußerlichung, einem Gewohnheitschristentum herauszukommen. Ich glaube, dass wir gut dazu beitragen können – weil wir es selbst erleben -, auf diese Lebendigkeit Gottes, die persönliche Beziehung zu Jesus, die Wirksamkeit des Heiligen Geistes und die Vielfahrt der Charismen hinzuweisen. Wir können den Menschen helfen, dies für ihr Leben zu entdecken. Evangelisierung, der Grundauftrag der Kirche, um deretwillen die Kirche existiert, wie Paul VI sagte, da können wir, meine ich, gut mithelfen.

Eine Schwierigkeit des modernen Menschen ist – trotz der modernen Medien – die Vereinzelung und der Individualismus, der Beziehung schwer macht. So wie es den Kirchen heute insgesamt schwerfällt, Menschen zu sammeln und zur Gemeinschaft zu bewegen, so ist das auch bei uns, die wir Teil der Kirche sind. Es ist die Schwierigkeit, Menschen zu sammeln, Gemeinschaft zu bilden, verbindliche Mitwirkung zu fördern.

Dennoch bleibt das unser Ziel. Es geht nicht nur darum, eine persönliche Beziehung zu Gott zu entdecken, sondern miteinander in Beziehung zu leben. Gemeinschaft macht uns „effektiv“ für das Reich Gottes und lässt Menschen Gott erkennen (vgl. Joh 13,35: „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.“)

Eine meiner weiteren Lieblingstellen: „Sie (die ersten Christen) blieben in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und in den Gebeten.“ (Apg 2,42) Vier Kernpunkte für das Gemeindeleben, die Gemeinschaft im neutestamentlichen Sinn scheint mir in unseren Gemeinden stark unterentwickelt.

Was gibst du deinem Nachfolger mit auf den Weg?

In Zeiten künstlicher Intelligenz wird man hoffentlich künftig bei vielen Routineaufgaben wie Protokolle verfassen und anderem mehr viel Zeit einsparen. Ich würde meinem Nachfolger empfehlen, in der frei werdenden Zeit, darauf zu achten, wie Gemeinschaften in der CE gefördert und neue gegründet werden und Gruppen mehr gemeinschaftliches Leben entwickeln. So werden wir, wie schon gesagt, „effektiv“ für das Reich Gottes.

Meine Hoffnung ist, dass es künftig auch Pfarrgemeinden gibt, die – ähnlich wie charismatische Gemeinschaften – Raum für Gemeinschaft und für das Einbringen der Charismen der Gemeindemitglieder zu geben und dann die missionarische Ausrichtung wieder in den Fokus bekommen.

Hast du einen persönlichen Wunsch für die Erneuerung?

Mein Wunsch wäre, dass der eine oder die andere Verantwortliche zu einem Dokument greift und es liest, das bereits 2015 von den deutschen Bischöfen mit dem Titel „Gemeinsam Kirche sein“ veröffentlicht wurde und das ich für wegweisend halte. Die deutschen Bischöfe haben in diesem „Wort zur Erneuerung der Pastoral“ meines Erachtens grundlegend beschrieben, wie Kirche und Gemeinde heute sein sollen:

  • Jedes Mitglied der Kirche ist berufen zur Heiligkeit (was ja die persönliche Gottesbeziehung beinhaltet) – und nicht nur einige besondere Menschen.
  • Jedes Mitglied ist berufen, seine Charismen zu entdecken und einzubringen; die Leiter der Gemeinden sollen dies fördern. Und auch Laien sind zum Dienst der Leitung berufen.
  • Es geht um eine „Bekehrung zur Evangelisierung“, um ein „vertieftes Erkennen und Liebenlernen Jesu“ (Gemeinsam Kirche sein, S. 55)

Das gelingt nur im Miteinander, synodal, gemeinschaftlich, nicht autoritär und klerikal. Der heutige Mensch, der in Beruf, Familie und vielfältigen anderen Bereichen Verantwortung trägt, wird sich wieder in die Kirche einbringen, wenn er wertgeschätzt wird, Verantwortung bekommt und seinen Beitrag leisten kann. Wenn das nicht möglich ist, engagiert er sich woanders.

Noch ein Wunsch fällt mir ein:  Damit mein Nachfolger Christoph Spörl in nächster Zeit gut schlafen kann angesichts der CE Finanzen, wäre es schön, wenn viele eine kleine oder große Spende an die CE im „Sommerloch“ machen würden. Die IBAN des CE e.V. lautet: DE97 7509 0300 0002 1349 00. Schreibt einfach „Spende“ und z.B. „In memoriam K.F.“ oder „damit C.S gut schläft“ o.ä. in den Verwendungszweck. Den zehn witzigsten Überweisern sende ich ein Exemplar von „Gemeinsam Kirche sein“ zu!

 

Bei der Verabschiedungsfeier im Rahmen der Ferienwoche Volkenroda; Foto: W. Rassl