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“Ein Blick ins Jenseits” – Atzmüller war totgeglaubt und erzählt von seinen Sterbeerfahrungen

Mit dem Gebet des Heiligen Augustinus „Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir“ eröffnete Stadtpfarrer Josef Ofenbeck den Abend. Josef Atzmüller berichtete anschließend wie er als 16jähriger krank wurde und mit einem Blinddarmdurchbruch in das Krankenhaus eingeliefert und operiert wurde. Schnell war er als „hoffnungsloser Fall“ eingestuft. Obwohl er vor Schmerzen bewusstlos war, hörte und sah er Eltern, Ministranten und Pfarrer. „Als mir der Pfarrer die Krankensalbung spendete, wollte ich ihm so gern vermitteln, ihm mitteilen, dass ich beichten möchte“ erzählte Atzmüller. Aber er hatte keine Verständigungsmöglichkeit obwohl er selbst alles um ihn herum wahrnahm. Die Krankensalbung empfand er mit einer unglaublichen Wirkung und beschrieb sie ähnlich einer „Verklärung“. Schmerzen und der Abschied von der Welt schienen für ihn egal. Wichtig sei für ihn in diesem Stadium gewesen, dass er allen Menschen vergeben und verzeihen wollte, die ihn verletzt haben und umgekehrt. „Versöhnung und Verzeihung ist ein ganz wichtiges Bedürfnis für Sterbende“ betonte Atzmüller.

Das Verlassen seiner Seele, sein wahres Ich, vom Körper empfand der 16jährige ähnlich einem Heraussaugen wie bei einem Wirbelwind. Er sah seinen Körper auf dem Bett liegen und empfand sich selbst in vollkommener Finsternis. Dann begann eine Art Lebensfilm für ihn zu laufen. Er erinnerte sich an eine Szene, in der er als Vierjährige seine zweijährige Schwester geärgert hatte. Für ihn sei es damals Spaß gewesen, für seine Schwester nicht. Eine Stimme sagte zu ihm „das war nicht in Ordnung“. „Ich fühlte mich zwischen guten und bösen Mächten fast zerrissen“ erzählte Atzmüller. Erst als er bekannte: „Ja, das war nicht in Ordnung“ lief der Lebensfilm weiter. „Immer ging es nur darum, die Schuld anzunehmen, zu erkennen, dass ich es damals falsch gemacht hatte“ bekannte Atzmüller. Seiner Meinung nach sei der Stolz das größte Hindernis, um in die Herrlichkeit Gottes einzugehen. Dieses Ablaufen des Lebensfilmes empfand Atzmüller wie das Fegefeuer. Die Stimme, die zu ihm sprach sei zu hören und zu fühlen gewesen und für ihn Jesus Christus. Im Lebensfilm seien keine Szenen gekommen, die er bereits im Leben bereut und gebeichtet hatte. Hier wies Atzmüller auf die Kostbarkeit der Sakramente hin. Nach dem Ablaufen des Lebensfilmes sei in der Ferne ein kleines Licht erschienen, auf das hin er sich in großer Freude auf den Weg machte. Dabei sei er nicht allein gewesen, andere „Seelen“ von Menschen und Engeln begeleiteten ihn. „Ich war völlig frei von Zeit und Raum“ erläuterte er und erzählte von herrlichsten und wunderbarsten Melodien.

Eine unbeschreibliche Freude und ein Jubel sei in ihm gewesen auf diesem Weg zum Schöpfer. Am Ziel – Atzmüller beschreibt dies mit „ich hätte eintreten können in die Herrlichkeit Gottes“ – habe die bereits bekannte Stimme ihn aufgefordert, in seinen Körper zurückzukehren. Für den gläubigen Katholiken war dies wiederum der Ruf von Jesus Christus. „Ich weiß, dass ich eigentlich nicht zurückkehren wollte, aber durch diese Liebesbeziehung, die auf dem Weg zu Gott entstanden war, wollte ich gehorchen und habe mich frei entschieden zurückzukehren“ erzählte Atzmüller den aufmerksam lauschenden Zuhörern. Bei der Rückkehr in den Körper verspürte er entsetzliche Schmerzen, war vollkommen gelähmt, konnte weder sprechen noch sich bemerkbar machen. An seinem großen Zeh hing bereits sein Namenszettel mit dem Sterbedatum 19. Dezember 1964. Schließlich gelang es ihm, seine Zehen zu bewegen und sich so zum Schrecken einer Krankenschwester bemerkbar zu machen. In der folgenden Genesungszeit, die mit großen Schmerzen und nur kleinen Fortschritten begleitet war, erinnert sich Atzmüller vor allem an das tägliche Gebet einer Krankenschwester an seinem Bett. „Gutgemeinte Berührungen und nette Worte sind das kostbarste für Schwerkranke und Sterbende“ ist sich Atzmüller sicher und warnte vor Unehrlichkeit. Ein wichtiger Punkt war für ihn auch das Selbstmitleid, in das man keinesfalls verfallen sollte. Leid und Freude gehören für ihn zusammen: „Wer nicht leiden kann, kann sich auch nicht freuen“. Und er versicherte: Im Himmel gibt es keine Traurigkeit mehr.

Ein starkes Plädoyer hielt Atzmüller für das Beten und den Empfang der Sakramente sowie das Mitfeiern der Eucharistie. „Legen Sie alle positiven und negativen Erfahrungen in die Hände Gottes“ riet er und meinte: „Wenn wir Gott etwas übergeben, haben wir es ihm mit allen Rechten übergeben“. So könne Gott auch heute Wunder wirken, wenn man ihn Regie führen lasse. Seine Zuhörer forderte er auf, Frohbotschafter und Heilsbringer in der Welt zu sein und Versöhnung und Vergebung zu praktizieren. Josef Atzmüller, der mit Frau und vier Kindern in Wien lebt, hat keine Angst vor dem Sterben. Er freut sich darauf. Aber er will den Rest seines Lebens nützen, um möglichst vielen Menschen von seinen Erfahrungen zu erzählen. Eine angeregte Frage- und Diskussionsrunde beendete nach einem Segensgebet den Abend mit einem Zitat von Papst Benedikt XVI.: „Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt. Jeder geht den Weg für sich, seinen einmaligen Weg“.