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Segnen/Füreinander beten

Ein Segen sollst du sein!

Pater Rudolf Ehrl

Als ich vor einigen Jahren zum ersten Mal Exerzitien für Ordensleute geben sollte, habe ich auf dem Weg dorthin bei einer guten Bekannten aus der Charismatischen Erneuerung zu einem kurzen Besuch Halt gemacht. Bevor ich weiter gefahren bin, habe ich sie gebeten, mich zu segnen für die Aufgabe, die vor mir lag. Und sie hat mir die Hände aufgelegt, ein frei formuliertes Gebet gesprochen und mich gesegnet mit einem Kreuzzeichen auf die Stirn und dem Segenswort zum Kreuzzeichen. Und es war gut.

Vom Segen hören und sprechen wir immer wieder: in der Heiligen Schrift, in der Kirche, manchmal auch in unserer Alltagssprache. Aber was bedeutet das eigentlich?

Unser Wort Segen ist vom lateinischen „signum“ = Zeichen, Abzeichen, Kennzeichen abgeleitet. Schon sehr früh bekommt das Wort in christlicher Umgebung auch die Bedeutung „Kreuzzeichen“.

Unser christlicher Begriff Segen heißt im Lateinischen „benedictio“ von benedicare (von oder zu jemand gut sprechen) – wir können das auch nennen: jemand loben oder preisen. Im Kirchenlatein bedeutet das aber schon im dritten Jahrhundert: den Segen aussprechen über …

Unser Wort Segen (segnen) beinhaltet also ein Zeichen, manchmal auch Berührung, verbunden mit einem guten Wort.

In der Heiligen Schrift ist zunächst Gott der Segnende. Schon ganz am Anfang Segnet er den Menschen (Gen 1,28) und seinen auserwählten Freund Abraham (Gen 12,2). Gottes Segen wird den Menschen immer wieder zugesagt.

Jesus segnet die fünf Brote und die zwei Fische, ehe er sie an die Menschen austeilen lässt (Mk 8,7). Beim Abendmahl spricht er – je nach Überlieferung der Evangelisten – das Dankgebet oder den Lobpreis über Wein und Brot.

Im Neuen Testament ergeht immer wieder der Auftrag an die Jünger oder die Gemeindemitglieder: „Segnet!“ (siehe Lk 6,28; Röm 12,14; 1Petr 3,9).

Im Lauf der Geschichte ist das Segnen immer mehr zur Amtshandlung geworden: die „geweihten Männer“ segnen – Diakon, Priester, Bischof, Papst. Es ist üblich, die versammelte Gemeinde am Ende eines Gottesdienstes zu segnen, bevor sie den Kirchenraum verlässt und sich wieder dem Alltag in der Welt zuwendet. Gesegnet wird auch, was im Alltag zu Gott hinführen soll. Der Segen, der über Gegenstände ausgesprochen wird, gilt den Menschen, die mit Hilfe dieser Gegenstände zu Gott in Beziehung treten möchten. Das fängt beim großen Kirchengebäude an und reicht über alle Dinge, die für den Gemeindegottesdienst gebraucht werden – von den Kirchenglocken über die Orgel und die liturgischen Geräte und Gewänder – hin zu den Dingen des alltäglichen Gebrauchs wie Weihwasser, Rosenkranz, Darstellungen von Heiligen etc.

Daneben gab es immer den privat gesprochenen Segen in der vertrauten Umgebung der Familie, etwa wenn Eltern ihre Kinder segnen.

Schon in biblischer Zeit ist Segnen oft mit Auflegung der Hände verbunden, insbesondere wo jemand mit einer Aufgabe betraut wird. Seit der Liturgiereform nach dem zweiten Vatikanum ist die Handauflegung bei allen Sakramenten vorgesehen, wenn sie auch aus praktischen Gründen nicht immer durchgeführt wird. Bekannt ist sie uns bei Taufe, Firmung, Weihe und Krankensalbung. Beim Sakrament der Versöhnung ist die Handauflegung zur Lossprechung vorgesehen und bei der Eheschließung zum Brautsegen, nachdem sich die Brautleute das Ja-Wort zugesprochen haben.

Einzig die Eucharistie sieht eine andere Form vor: Hier streckt der Priester die Hände bei der Herabrufung des Heiligen Geistes über die Gaben von Brot und Wein aus.

Im Februar 1967 machte eine Studentengruppe der Duquesne Universität Pittsburgh bei einem intensiven religiösen Wochenende eine besondere Erfahrung. Die Studentinnen und Studenten hatten die Apostelgeschichte studiert und sich gefragt, ob die Ereignisse, die dort am Pfingstfest (Apg 2,1-11) und danach berichtet werden, nur ein einmaliges, historisches Ereignis darstellen oder wiederholbar sind. Sie ahmten die in der Hl. Schrift beschriebenen Handlungen nach, legten einander die Hände auf und beten füreinander und sie erlebten ein Ausgießen des Heiligen Geistes über die Versammelten, ein neues Pfingsten, wie es Papst Johannes XXIII. für die Kirche gewünscht hatte, als er 1959 das II. Vatikanische Konzil ausrief.

So unterscheiden wir verschiedene Formen von Segen: den Segen, der dem Ritus der gemäß am Ende einer gottesdienstlichen Feier oder beim Empfang der Sakramente von einem dafür Beauftragten gespendet wird und den Segen, den Menschen für sich erbitten und der von einem oder mehreren Gläubigen ausgesprochen wird.

So wie Gott dem Abraham zugerufen hat: Ein Segen sollst du sein!, so sollen auch wir ein Segen sein für die Menschen heute. Wir dürfen Segen erbitten für uns selbst und Segen spenden für andere.

Segen besteht aus einem Wort und einem Zeichen. So können wir für einen Menschen den Segen Gottes erbitten, indem wir ihn bei der Hand nehmen, ihm die Hand auflegen oder die Hand oder die Hände über ihn ausbreiten und dabei ein Segensgebet sprechen. Das Kreuzzeichen bildet in der Regel den Abschluss des Segensgebetes.

Die Beschreibung zeigt schon, dass eine Absprache zwischen den beteiligten Personen wichtig ist: vor Beginn des Segensgebetes ist unbedingt abzuklären, ob eine Berührung oder Handauflegung vom Empfänger gewünscht oder zugelassen wird. Wenn jemand Bedenken äußert, ist eine Berührung zu unterlassen.

In der Zeit der Corona Pandemie ist zusätzliche Vorsicht geboten und ein Segen nur unter Einhaltung der geltenden Hygienevorschriften möglich. Hier gibt es auch die Möglichkeit, die Bitte um Segen schriftlich weiterzugeben. Das Gebet wird zugesichert. Ich kenne dieses Angebot von der katholischen Pfarrei St. Benedict Parish in Halifax, Kanada, und von Holy Trinity Brompton in London, dem Ursprungsort der Alpha-Kurse.

Ich schätze persönlich Segen unter Handauflegung wegen des biblischen Hintergrundes am meisten und habe in der Praxis nicht erlebt, dass jemand die Geste abgelehnt hätte. Trotzdem ist eine vorausgehende Klärung notwendig.

Zum Segen gehören mindestens zwei Personen: der Empfänger, der um den Segen bittet, und der Spender, der das Segenswort spricht. Es hat sich bewährt, dass Segnende in kleinen Gruppen zusammen das Segensgebet sprechen, in der Regel ein Mann und eine Frau.

In jedem Segensgebet geht es darum, einen Menschen vor Gott hinzutragen und ihm das Wohlwollen Gottes zuzusprechen. Die Segnenden sprechen in Gottes Namen und wir dürfen sicher sein: Gott hört das Gebet und legt seinen Segen auf den Menschen.

Angeboten wird diese Form des Segensgebetes z.B. in den Segnungsgottesdiensten, die wir aus unserem Bistum kennen. Angeboten wird dieses Segensgebet auch in den Gottesdiensten und Veranstaltung der Charismatischen Erneuerung. Außerdem sind die Teammitglieder der Erneuerung im Bistum Passau gerne bereit, ein Segensgebet zu sprechen.

Ich lade dazu ein, mutig und vertrauensvoll vor Gott hinzutreten und seinen Segen zu erbitten und sich diesen Segen durch gläubige Mitmenschen zusprechen zu lassen. Es lohnt sich. Wenn wir in Offenheit erbitten, worum wir beten sollen, wird der Herr unser Bitten lenken. Mit unserer Bitte um den Segen laden wir Gott ein, in unser Leben hereinzukommen. Tun wir das voll Vertrauen. Er macht alles gut.