Heute versuche ich, das Hören auf die Stimme Gottes praktischer darzustellen.
Wie bereits im ersten Teil ausgeführt, gibt es bei fast allen Menschen von Natur aus eine „innere Stimme”, die z.B. vor Gefahren warnen kann oder die einen anrührt, im Herzen an jemanden in Schwierigkeiten zu denken und sich dann bei ihm zu melden o.ä.! So eine Art Telepathie vielleicht?
Gott „spricht” aber nicht nur durch Worte, sondern auch durch innere Eindrücke, wie eine Szene aus einem Film, ein stehendes Bild, Gefühle, Träume, körperliches Empfinden, usw..
Mitte der 1980er Jahre hörte ich in einem Leben im Geist Seminar der Charismatischen Erneuerung in der Katholischen Kirche viel vom Wirken Gottes durch den Heiligen Geist und dass das, was in der Bibel steht, v.a. im Neuen Testament, keineswegs vorbei und nur für die Jünger und die Apostel bestimmt war. Nachdem ich vor Zeugen in einem Gebet, Gott ganz bewusst mein Leben gegeben und ihn gebeten hatte, dass er die Nummer Eins in meinem Leben sei, beteten die zwei vom Gebetsteam um die erneute Ausgießen des Heiligen Geistes auf mich, das ist wie wenn ich nochmal bewusst, die Tauf- und die Firmgnade annehme und neu erfahren darf. Und wirklich hat sich einiges in mir und um mich herum verändert: ich fing an in der Bibel zu lesen, die Teilnahme am Gottesdienst war keine lästige und langweilige Pflicht, nein, ich bemerkte, dass mein Heimatpfarrer eigentlich viel Gutes in der Predigt sagte, wenn man richtig zuhöre. Darüber hinaus wurde für mich das persönliche Gebet sehr bedeutsam.
Bald hörte ich vom sog. „Gebet in Zungen” oder „Sprachengebet” (altgriechisch: „Glossolalie”), das viele von uns ein wenig verstörte, aber mich umso mehr faszinierte. Als einmal am Frühstückstisch meine Mama uns erzählte, dass sie und Papa diese Gabe bereits vom Heiligen Geist geschenkt bekommen hatten, wurden mein Eifer und mein Ehrgeiz geweckt. Ich begann den Himmel zu bestürmen, betete vorgefertigte Gebete zu Jesus, um dieses Charismas (Gnadengabe) zu bekommen. Ja, ich begann regelrecht mit Gott zu verhandeln, aber nichts tat sich: Im Gegenteil, in mir schoss leise und sehr gezielt plötzlich, wie aus dem Nichts der Satz hoch: „Du sollst deinen Gott nicht auf die Probe stellen!” Das hat gesessen; ich war geschockt. Freilich kannte ich diesen Satz aus der Versuchung Jesu durch den Teufel! Ich war mir klar, dass dieser Satz nicht von mir, sondern von Jesus kam. Also ließ ich mein Quengeln und bevor ich zu Bett ging, las ich noch in einem Gebetbuch ein Gebet; darunter stand der Vers 24 aus Mk 11:
„Darum sage ich euch: Alles, worum ihr betet und bittet – glaubt nur, dass ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil.”.
Nachdem ich diesen Vers gelesen hatte, hielt ich inne und las ihn abermals! Dann formte sich in meinen Gedanken die Erkenntnis: Dann habe ich ja das Sprachengebet bereits!!! Und in mir spürte ich die Frage: „Glaubst du das?” JA! Da bemerkte ich, wie sich meine Zunge bewegte und fremde Laute formte! Gott hatte mir das Sprachengebet geschenkt. Ich war überglücklich! Am ganzen Körper merkte ich, dass Gott da etwas in mir und an mir getan hatte! Das war beeindruckend und überzeugend für mich als Teenager!
In Gebetskreisen oder -veranstaltungen, während oder nach dem Lobpreis kommt oft eine Zeit, in dem viele in Sprachen singen oder beten, dann in einer kurzen Stille in sich hinein hören und später allen kundtun, was sie gespürt, gehört oder gesehen haben. Vielfach spricht so ein Beitrag jemanden einzeln persönlich an und kann ihm weiterhelfen, aber das kann auch die ganzen Gruppe betreffen. Langsam, nach meinen ersten Schritten in diese Richtung merkte ich manchmal auch in mir, dass ich an etwas denken musste, an einen Satz aus der Bibel, an ein Gefühl oder ich hatte eine Blume oder eine Szene vor meinen Augen. Am Anfang war es schwer, zu entscheiden, ob das jetzt von mir oder vielleicht von Gott stammt, ob ich es sagen soll oder nicht. Oft war es damals so, dass auf einmal ein anderer aus der Gruppe genau denselben Satz oder so etwas Ähnliches ausgesprochen hat. Das war für mich ein Zeichen, dass ich nicht phantasiere, sondern dass meine „Herzensohren” und „-augen” richtig gehört oder gesehen hatten. Mit der Zeit wuchs ich im Einordnen und im Mut, diese Eindrücke aus meinem Inneren mitzuteilen.
Eine weitere Stufe war das Gebet mit und für andere, wenn diese dem Gebetsteam ein Anliegen genannt hatten oder einfach um Gebet baten! Ich habe da am Anfang oft bei erfahrenen Gebetspartnern gemerkt, wie sie nach innen geschaut, gehorcht und Jesus erlaubt haben, ihnen für den Bittenden eine Weisung oder eine Hilfe zu geben. Ich hatte in meinem damaligen geistlichen Begleiter jemandem, der sehr offen, unkompliziert und positiv herausfordernd mit mir und anderen umging. Er war oft köstlich direkt! Von ihm habe ich viel erfahren und lernen dürfen. Oft genug hat er mich spontan herangezogen, um mit Menschen zu beten oder zu reden, die in tiefer Not waren. Und er vertraute darauf, dass ich wie er durch das Wirken des Heiligen Geistes den Mitmenschen weiterhelfen und sie so zu Jesus führen kann. Oft genug wurde ich von ihm ins „kalte Wasser gestoßen” und bemerkte, dass Gott in und durch mich wirkte, wenn ich ihm vieles zutraute und ich mutig einfach nur mithilfe des Heiligen Geistes „schwamm”. Ich bemerkte, dass es nur ein wenig Überwindung und Mut dazu brauchte; dass ich keine gravierenden Fehler machen konnte, wenn ich beachtete, dass der Um-Gebet-Bittendende der Wichtigste war, dass ihm zu helfen und dabei auf Gott zu hören oberste Priorität hatte; dass ich alles, was in mir ablief, prüfte und nichts Schlimmeres passieren konnte als dass mein Gebetspartner oder der Um-Gebet-Bittende damit nicht viel anzufangen wussten.
Wenn ich beginne, mich in den inneren Eindrücken zu sonnen und zu meinen, wie toll ich bin, dann habe ich einen gefährlichen Weg für mich und den Um-Gebet-Bittendenden beschritten. Die inneren Eindrücke können intensiv, weniger genau oder nur schemenhaft sein, aber mit der Zeit konnte ich leichter einordnen, ob sie mehr meiner Fantasie oder ob größtenteils von Gott stammen.
Den Kritikern dieser Sachen gebe ich recht, dass man nie 100% reine Eindrücke von Gott haben kann; es heißt ja: er spricht durch mich. Ich bin sein Instrument und es klingt vieles einfach nach mir. Mit einer Blockflöte kann ich eben nicht wie ein Harfe klingen! Das leuchtet ein! Das weiß auch Gott und er bedient sich der Talente und der Art und Weise des jeweiligen Menschen, dem er einen Eindruck schenkt! Gott beachtet dabei glücklicherweise auch den Bittenden; er kann Dinge ansprechen, die nur er und der Um-Gebet Bittende weiß, das sollte dem Team auch klar sein! Also auch hier Mut zum Risiko! Sowohl die zeitlichen als auch die kulturellen Umstände haben einen Einfluss auf die Eindrücke und Worte! Vor 40 Jahren hätte z.B. keiner etwas mit einem Handy anfangen können! Und wir heute haben es schwer, wenn die Rede von alten Geräten oder Maschinen ist, die wir nicht mehr kennen oder benutzen!
Wenn ich in meiner persönlichen Gebetszeit bin, versuche ich immer wieder ruhig und still zu werden, und nach innen zu gehen. Ich bitte Jesus, dass er mir innerlich etwas sagt oder zeigt. Oft denke ich unvermittelt an eine Bibelstelle, an den Text oder an die Abkürzung wie „Joh 2,3″! Und wenn ich mir sicher bin, dass das nicht von mir ist, sehe ich nach und meditiere diesen Vers. Es kann sein, dass das eine Antwort auf meine Fragezeichen in meinem alltäglichen Leben ist oder dass es mich erkennen lässt, wo ich ungute Gewohnheiten oder Haltungen habe.
Es kann aber auch sein, dass ich in dieser Gebetszeit so eine Art Dialog mit Jesus führe, dass ich animiert durch ein Evangelium, in die dort beschriebene Szene einsteige und wie beim Bibliodrama in Gedanken mir vorstelle, was da passiert, oder was Jesus tut oder sagt.
Es gibt auch die Möglichkeit, dass ich so etwas wie ein inneres Video empfinde, in dem Jesus agiert oder mir etwas zeigt oder erklärt. Auch durch einen Traum, den ich mir am nächsten Morgen gut merken kann, kann Gott mir etwas bedeuten oder anzeigen. Wichtig ist, dass der Traum v.a. von den Emotionen, die er in mir anspricht, gesehen werden muss, dass eine genaue oder psychologische Analyse mich oft nicht weiterbringt, da ich darin ja kein Profi bin, und dass die darin vorkommenden realen Menschen oft nicht wirklich gemeint sind, sondern Symbole für Teile und Gefühle von mir stehen!
Ich habe auch schon kurioser Weise erleben dürfen, dass ich das Gefühl hatte, unbedingt einen Film ansehen zu müssen, in dem ein Schauspieler dann eine in mir aktuelle Frage mit einem Satz beantwortet. Ich fühle mich dann ein wenig von Gott ertappt! Ähnlich geht es vielen anderen, dass sie am Sonntag in der Kirche den Eindruck haben, der Priester predige heute nur für sie! Auch ein Nebensatz in einem Gespräch oder eine Szene in der U-Bahn kann für den einen oder anderen ein Hinweis oder eine Antwort auf eine brennende persönliche Frage an Gott sein. Darüber hinaus habe ich auch schon von guten Freunden gehört, dass Gott jemanden scheinbar mit den menschlichen Ohren hörbar anspricht oder ruft. Bei Gott ist alles möglich!
Er ist der Schöpfer, der absolut Kreative, der, der mit seinem Wort aus dem Nichts die tolle Erde und das Weltall! erschafft Er hat unendlich viel Fantasie und viele Ideen. Er kennt uns ganz genau und er mag uns. So wird er sehr kreativ und individuell seinen Willen, seine Sicht der Dinge für jeden einzelnen von uns, in die Sprache übersetzen, die wir, d.h. die unser Herz, Geist und Verstand begreifen können. Wichtig ist, dafür offen zu sein; sehen, hören und spüren mögen. Gott überfordert uns nie! Er geht mit uns sachte um, so wie wir es vertragen können und „sollen”. Er ist – wie ich oft sage – ein Gentleman durch und durch! Auf so einen Gentleman hört man gerne!