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Zusammenfassung des Vortrags: „Schuld und Scham. Gefühle die wir alle kennen”

Zinsammenfassung des Themas des Begegnungsabend mit Waltraud Fieß

Schuld und Scham – zwei starke Gefühle

Vom schmerzhaftesten Gefühl überhaupt, der Scham, und ihrer Schwester, der Schuld, sprach Waltraud Fieß aus Oberkirch beim Begegnungsabend der Charismatischen Erneuerung Mittelbaden im März 2021 in der Pfarrkirche Achern. Sie erklärte, was die beiden Gefühle gemeinsam haben, warum aus Scham auch Schuld werden kann und wie verständnisvolle Menschen und Gottes bedingungslose Annahme einem beschämten und schuldigen Menschen neues Selbstwertgefühl geben können.

Viele zornige, zynische, besserwisserische oder arrogante Menschen verhalten sich so, weil sie beschämt wurden. Sie wurden vielleicht schon als Kinder abgelehnt, erfuhren sich selbst als nicht liebenswert und nicht dazu gehörig und schämten sich dafür. Das Gefühl der Ohnmacht, das sich dabei einstellt, wollen sie auch als Erwachsene unbedingt vermeiden. Sie schützen sich davor mit unfreundlichem Verhalten gegenüber ihren Mitmenschen oder flüchten sich in eine Sucht.

Scham ist eigentlich ein gutes und wichtiges Gefühl, das anzeigt, was gut und passend ist und was nicht. Gesunde Scham schützt davor, die eigenen Grenzen und die der anderen nicht zu übertreten. Die Scham ist die Hüterin der menschlichen Würde. In einer liebevollen Erziehung, in der das Kind sich angenommen fühlt auch wenn es Fehler macht, entwickelte sich ein gesundes Schamgefühl.

Scham-Abwehr ist schwer zu erkennen

Beschämung durch Zurückweisung kann sich lebenslang auswirken. Sie tut so weh, weil der Mensch sich dabei als nicht liebenswert empfindet. Besonders wirksam ist Beschämung in der Beziehung zwischen Eltern und Kind, Lehrer und Schüler, Chef und Mitarbeiter, Priester und Laie. Ihre Folge ist die Schamabwehr. Die kann sehr unterschiedlich ausfallen und ist meist schwer zu erkennen. Dafür hatte Waltraud Fieß ein harmloses und ein heftiges Beispiel mitgebracht:

Ein Mann singt im Gottesdienst eine Liedstrophe, die eigentlich übersprungen wurde, er singt also den falschen Text. Seine Frau macht ihn durch einen Fingerzeig darauf aufmerksam. Reflexartig knufft er sie dafür mit seinem Ellenbogen in die Seite – Schamabwehr! Ein Mann aus einem anderen Kulturkreis erklärt, er müsste seine 17-jährige Schwester umbringen, wenn er sie mit einem Mann im Bett vorfände. Seine ganze Familie wäre dadurch unerträglich beschämt. Gerade der letzte Fall zeigt, dass Menschen lieber Schuld auf sich laden, als die Scham auszuhalten.

Schuld und Scham als Geschwister

Beide Gefühle, Schuld und Scham, lösen Angst aus. Bei der Schuld ist es die Angst vor einer Bestrafung. Bei der Scham ist es die Angst vor weiterer Beschämung. Die Schuld sagt: Du hast einen Fehler gemacht. Die Scham aber sagt: Du bist ein Fehler, du bist nicht in Ordnung. Bei der Scham geht es also um die Minderung des eigenen Selbstwertgefühls. Deshalb, so die Sprecherin, ist Schuld auch leichter zu überwinden als Scham. Schuld lässt sich durch Reue und Wiedergutmachung tilgen. Mit Beschämung dagegen funktioniert das nicht.

Waltraud Fieß wies auch auf irrationale Schuldgefühle hin. Sie entstehen, wenn Kinder für Dinge verantwortlich gemacht werden, für die sie gar nicht verantwortlich sind: Du bist schuld, dass die Mama Kopfweh hat, dass die Mama dies oder jenes nicht machen kann. Oder: Du bringst die Mama noch ins Grab! Solche entwertenden Worte brennen sich tief ein. Noch als Erwachsener denkt der so manipulierte Mensch, dass er niemals liebenswert und bedeutungsvoll sein kann. Welche eine Lüge!

Gibt es Rettung aus Schuld und Scham? Ja!

„Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch“.
Ezechiel 36, 26

Wer selbstschädigenden Verhaltensweisen zur Abwehr von Scham (Zorn, Wut, Groll, Neid, Trotz, Arroganz, Besserwisserei, Perfektionismus, Suchtverhalten …) beenden möchte, muss im ersten Schritt anerkennen, worum es sich dabei handelt. Er braucht dafür Mut und Kraft. Der Glaube kann ihm eine wesentliche Hilfe sein.

„Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.”
2. Timotheus 1, 7

Gottes Heiliger Geist hilft dabei, das Verdrängen oder die Weitergabe von Schuld und Scham an andere zu beenden. Die eigenen unguten Strukturen anzuerkennen, die aus Schuld und Scham erwachsen sind, kann sehr schmerzhaft sein. Aber nur so beginnt ein Weg zu Selbstachtung, Selbstannahme und Selbstliebe. Ein geschützter Raum, ein Seelsorger oder Therapeut, ein Freund oder eine Freundin sind auf diesem Weg unverzichtbar. Mit Weisheit und Barmherzigkeit helfen sie dabei, die Opferrolle zu verlassen.

Die Vertrauensperson hat die Aufgabe, über die Lüge aufzuklären, nichts wert zu sein oder schuld zu sein für Dinge, für die der Betroffene keine Verantwortung trägt. So kann der Beschämte lernen, Mitgefühl für sich selbst zu entwickeln. Wer die Selbstverurteilungen und das eigene Kleinmachen unterlässt, kann sich zunehmend selbst erlauben, erfolgreich und unabhängig zu sein. Geheilt ist Scham dann, wenn der Mensch offen und ehrlich darüber reden kann.

Jesus nahm Angriffe nie persönlich

Jesus Christus wurde oft beschämt und klein gemacht. Aber er reagierte darauf nie ängstlich oder aggressiv, sondern mit großer Ruhe und Besonnenheit. Es war die Gewissheit der unumstößlichen Liebe des Vaters im Himmel, die ihm Kraft, Stärke und vor allem Souveränität gab. Diese Liebe des Vaters gilt jedem Menschen – auch Ihnen. Deshalb können auch Sie mit seiner Kraft und Liebe und zu seiner Ehre anders auf Beschämung reagieren.

Christen haben wunderbare Möglichkeiten

Waltraud Fieß bekannte, dass sie sehr gern Christin und auch sehr gern katholisch ist. Sie nannte die Sakramente, in denen sie sich Gott besonders nah fühlt:

  • in der Eucharistie, wo sie Wunden, Schuld und Scham auf den Altar legen und um Wandlung bitten darf.
  • in einem Beichtgespräch, bei dem sie ausspricht, was sie bedrückt und neue Orientierung und Freude bekommt.

Darüber hinaus hilft die Kirche durch ausgebildete Geistliche Begleiter einzelner Menschen, Mut, Stärke und einen neuen Weg für sich zu finden. Ein Gebetskreis kann eine Heilungszelle sein, wo Christen füreinander beten.

Gott nimmt jeden Menschen an. Bei ihm darf jeder so sein wie er ist und mit seiner Hilfe einen Weg der Heilung beschreiten. Wir müssen unsere vom Schöpfer der Welt verliehene Würde nicht wegwerfen, weil uns andere Menschen beschämen oder klein machen. Wir dürfen barmherzig und vergebungsbereit mit uns selbst, unseren Nächsten und auch mit Gott sein. Aus der Liebe zu diesem Gott wächst unsere Selbst- und Nächstenliebe und es reift ein gesundes Selbstwertgefühl.

Waltraud Fieß, Jahrgang 1953, gehört zum Leitungsteam der Charismatischen Erneuerung Mittelbaden. Sie ist verheiratet, hat zwei erwachsene Söhne und vier Enkel. Seit 2003 berät sie als Logotherapeutin in ihrer eigenen Praxis in Oberkirch Menschen in Lebenskrisen. Sie ist Gründerin eines Gebetskreises und geistliche Begleiterin. Seit fünf Jahren betreut sie ehrenamtlich Häftlinge in der Justizvollzugsanstalt Offenburg.

Ihren rund 50-minütigen Vortrag zu „Schuld und Scham” gibt es zum Nachlesen und zum Nachhören. Wer das Manuskript oder die CD möchte, darf gerne schreiben an cemittelbaden@erneuerung.de.

Die CE Mittelbaden veranstaltet zehnmal pro Jahr, immer am letzten Montag im Monat, einen Begegnungsabend mit Lobpreismusik und christlichem Impuls. Alle interessierten Christen können die Gelegenheit wahrnehmen, sich dabei im Glauben stärken zu lassen.